poetische Seelenreisen
Laura und das lautlose Licht
Laura lebte in einer Stadt voller Geräusche und Ablenkungen, doch ihr Herz sehnte sich nach Stille. Eines Tages traf sie einen blinden Mönch, der sie aufforderte, der Stille in sich selbst zu lauschen. Laura zog sich zurück, lauschte, wartete, und fand schließlich in sich ein lautloses, unendliches Licht. Von da an lebte sie stiller, einfacher, lauschend auf das, was hinter allen Worten liegt.
Der leere Brunnen
Ein alter Brunnen stand am Rand eines Dorfes, lange ausgetrocknet, vergessen. Eines Tages kam ein Kind, setzte sich an seinen Rand und hörte. Die Dorfbewohner lachten: ‚Da ist nichts!‘ Doch das Kind blieb. Wochen später begannen aus der Tiefe Tropfen zu steigen. Der Brunnen flüsterte: ‚Wasser ist nicht nur in der Tiefe, es ist in der Geduld.‘ Der Brunnen füllte sich, und das Dorf lernte, dass manchmal das Leere die tiefste Füllung ist.
Das Lied des einen Tones
Ein wandernder Musiker suchte sein Leben lang den perfekten Klang. Er spielte tausend Instrumente, reiste durch viele Laender, doch nichts erfüllte ihn. Eines Nachts setzte er sich ans Meer, atmete ein, summte einen einzigen Ton. Und in diesem Ton fand er alles: Freude, Schmerz, Frieden. Von da an spielte er nur noch diesen einen Ton – und alle, die ihn hörten, weinten vor Glück.
Die Feder des Unsichtbaren
Ein Schreiber klagte, dass seine Worte leer blieben. Er ging zu einem alten Weisen, der ihm eine unsichtbare Feder schenkte. Der Schreiber fragte: ‚Wie kann ich mit ihr schreiben, wenn ich sie nicht sehe?‘ Der Weise lächelte: ‚Schreibe mit deinem Herzen, nicht mit deiner Hand.‘
Von diesem Tag an schrieb der Schreiber Gedichte, die Menschen zum Weinen brachten, obwohl er nie Tinte sah.
Der Spiegel ohne Glas
Eine Frau suchte nach einem Spiegel, der ihr zeigte, wer sie wirklich war. Sie reiste durch die Welt, kaufte goldene Spiegel, kristallene Spiegel, doch keiner zeigte ihr ihr wahres Gesicht. Am Ende sass sie am Fluss, betrachtete ihr Spiegelbild im Wasser, und plötzlich verschwand ihr
Bild – nur die Weite des Wassers blieb. In diesem Nichts erkannte sie: Der wahre Spiegel ist der, der dir zeigt, dass du mehr bist als Form.